Wie funktioniert Akupunktur?
Akupunktur gehört wohl zu den faszinierendsten Methoden der Erfahrungsmedizin überhaupt. Sie entstammt der traditionell chinesischen Medizin (TCM), kam aber auch schon in frühester Zeit in anderen fernöstlichen Regionen zum Einsatz (Japan, Korea u.a.). Im Mittelpunkt der Akupunktur steht immer die Lebensenergie Qi (gesprochen etwa: Tschi). Qi fließt in den Energieleitbahnen (auch oft, aber fälschlicherweise Meridiane genannt). Energieleitbahnen sind Organen oder anderen Körperstrukturen zugeordnet.
So kennt man unter anderem die Bezeichnungen Lungenmeridian oder Gallenblasenmeridian, aber andererseits auch den 3-fach Erwärmer (hier sind Brust, Bauch und Becken gemeint). Insgesamt gibt es 12 Hauptleitbahnen, die alle miteinander verbunden sind und im Verlauf eines Tages unterschiedlich stark aktiv sind. Die Erfahrung hat gezeigt, dass bestimmte Punkte auf diesen Energieleitbahnen dafür besonders prädestiniert sind, mittels dünnen Nadeln gestochen zu werden und so ihren Einfluss auf das Qi zu entfalten. Apropos dünn: Nadelstärken erstrecken sich für gewöhnlich von rund 0,1 bis 0,5 mm. Die Längen hingegen von 2 cm bis hin zu 7 cm und mehr.
Zurück zum Qi: Es ist die unwiederbringliche Lebensenergie, die stets im Fluss ist bzw. sein sollte. Störungen dieses Flusses lassen den Organismus erkranken. Das können Blockaden und Stauungen sein, aber auch ein zu stark fließendes Qi. Akupunktur hat deshalb vor allem die Aufgabe, regulierend zu wirken. Entsprechend wird dann auch mit den Nadeln gearbeitet, aber das ist dann wieder ein anderes Thema. Akupunktur hat so etwas Geheimnisvolles, das wollen wir uns noch ein wenig bewahren...
Unsere 12 Hauptenergieleitbahnen beinhalten rund 365 Punkte. Andere Quellen beschreiben 362, wiederum andere nur 360 Punkte. Aber das ist auch gar nicht so wichtig, wenn man sich veranschaulicht, dass es nur rund 50 Punkte sind, die für uns Therapeuten interessant sind, auch aus teilweise anatomischen Überlegungen heraus (wer möchte schon gerne unter der Zunge gestochen werden?). Besonderes interessant sind die alten chinesischen Bezeichnungen der einzelnen Punkte. Namen wie "Empfänger des Geistes", "Himmelsresidenz" oder auch "Versammlungspunkt der Hohlorgane" lassen erahnen, inwieweit die alten Chinesen Medizin auch aus der philosophischen Richtung betrachtet und bewertet haben. Ein Umstand, der uns, der wir doch hauptsächlich durch die westliche Schulmedizin geprägt sind, meistens fremdartig erscheint und deshalb oft verklärt wird, leider.
Wird eine Nadel gestochen, erlebt der Patient im Optimalfall ein sogenanntes De-Qi. Das kann man am ehesten mit "Nadelsensation" übersetzen. Ein Gefühl der Wärme durchflutet das Gebiet des Einstichs, aber vielleicht auch der Kälte. Oder ein Kribbeln weg von der Nadel läuft die Leitbahn entlang. Manchen schläft der ganze Arm ein, sofern dort gestochen wurde (nein, es wurde nicht der Nerv getroffen). Und wiederum andere berichten, sie hätten das Gefühl der liegenden Nadel noch Stunden nach der Behandlung. Ihnen allen ist eines gemeinsam: Sie haben ein De-Qi erlebt und wissen spätestens jetzt, dass Akupunktur mehr ist, als nur dünne Nadeln in den Körper zu stechen.
Alles Gute und viel Gesundheit wünscht Ihnen
Andreas Andersch